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Historischer Burghof GörlitzIm Verlag Gunter Oettel Görlitz-Zittau erschien 2005 ein liebevoll gestaltetes Bändchen mit dem Titel “Görlitzer Gaststätten um 1900 - Ein Streifzug durch ihre Geschichte”. Görlitzer Ansichtskartensammler hatten das Bildmaterial zusammengestellt und Hintergrundinformationen mühevoll gesucht. So bekommt der Leser und Betrachter allerlei Wissenswertes über Baugeschichte, Wirte und Besonderheiten der einzelnen Gaststätten mitgeteilt. Zahlreich sind die Ausflugsgaststätten vertreten, die in den damaligen (später eingemeindeten) Vorort mit originellen Angeboten lockten. Insbesondere rund um die Landeskrone, damals bevorzugtes Ziel für Familienausflüge oder Wandergruppen, gab es dicht bei dicht Lokale mit Tanzsälen, Gärten, Schaukeln und verlockend gedeckten Tischen. Oft bekamen die Besucher dort eigene Hauskapellen zu hören. Kein empfindlicher Nachbar beklagte sich über Ruhestörung, denn etliche Einwohner lebten ja vom Gästezustrom.

Auch zur Geschichte des “Burghofs” gegenüber der Endhaltestelle “Landeskrone”, der elektrischen Straßenbahn, fanden die Gestalter des Büchleins manches heraus. Danach ließ der Orgelbaumeister Carl Hoffmann das Haus um 1898 erbauen, noch ganz im verbreiteten Stil der Gründerzeit, und so flatterte dann auch auf einer Ansichtskarte von damals auf dem Dach des Neubaus eine übergroße Fahne in den schwarz-weiß-roten Nationalfarben.

Die Obergeschosse dienten als Hotel, im Erdgeschoß war die Gaststätte. Bald folgte der Anbau des Tanzsaales, wie bei zahlreichen ähnlichen Etablissements üblich. Wenige Jahre darauf (1904) erwarb Adelbert John das Haus.

Danach führten Witwe und Sohn einige Zeit das Unternehmen. In den wirtschaftlich schwierigen Jahren nach dem I.Weltkrieg mit Inflation, Reparationslasten und politischen Unruhen wechselten die Wirte mehrmals. Für einen längeren Zeitraum hielt sich Albert Güthling.



Nach 1945 folgte Paul Koj. Gerade in der Notzeit war Unterhaltung wieder gefragt, man wollte nachholen, was einem der Krieg vorenthalten hatte. 1952 übernahm die staatliche Handelsorganisation (HO) den Betrieb. Der “Burghof” gewann bald einen legendären Ruf. Besonders verdient machte sich der Gaststättenleiter Horst Fuchs. Beliebte Kapellen (Reimann, Krinke, Schwarz) lockten zum Tanz. Oberschulklassen zog es zu den Tanzkursen der schon ein wenig betagten Elli Eifler. Damenkränzchen erinnerten sich bei Törtchen und Kaffee daran, dass man doch mal bessere Zeiten gesehen hatte. Klassenwiedersehenstreffen füllten die Gasträume mit fröhlichem Gelächter, wenn jemand aus der Runde die ehemaligen Lehrer täuschend echt parodierte. Handwerksmeister vertilgten teuren Cognac und klagten dabei über die lästige Konkurrenz der staatlichen Großunternehmen. Schüchterne junge Liebespaare kratzten ihr Kleingeld zusammen, um sich einen Dessertwein “Goldener Herbst” zu leisten; war die Zunge gelockert, folgte irgendwann das lange erwartete Versprechen, sich nie,  nie wieder zu trennen. Pflichtschuldigst brachten die jungen Leute ihre Eltern zu den Tanzstundenbällen, die Damenfrisuren wippten zauberhaft, die Krawatten saßen exakt, die Schuhe waren blank geputzt, die Konfirmandenanzüge passten gerade noch so. Oft war der “Burghof” restlos ausverkauft. 1969 gab es Abhilfe. Ein Anbau an der Straßenseite mit großen Fenstern erweiterte die “Platzkapazität”, so dass die Kellner nicht genervt abwinken mussten.

Mit Kaffeekonzerten (noch ohne Tonkonserven und DJs), Varieté darbietung, Kindernachmittagen und originellen Innendekorationen verwöhnte man die Stammgäste und lockte neue Besucher an. Gesamtdeutsche Familientreffen sorgten an dem einen Tisch für lebhafte Gespräche. Nebenan erzählten Oma und Opa den staunenden Enkeln über wundersame Eindrücke im Wirtschaftswunderländle drüben. Irgendwie war der “Burghof” ein klitzekleines Abbild der großen Welt da draußen geworden, ein wenig behäbig und provinziell, ein wenig kess und aufmüpfig.

Nach 1990 kamen noch einmal neue Gäste- Alt-Görlitzer, die lange fort gewesen waren, fanden hier Vertrautes und auch wieder nicht. Die Räume sahen viel echte Wiedersehensfreude, etwa im September 1991 beim Treffen ehemaliger Angehöriger der Neunzehner-Garnison. Auch die Abordnungen aus der neuen Partnerstadt Wiesbaden führte man gern hierher, und mitunter wussten die Umworbenen nicht so recht, was die Gastgeber ausgerechnet an diesem “Burghof” so Besonderes fanden.
Marion Bartels schrieb auf absonderliche Weise die Geschichte des Hauses weiter. Mittlerweile hatte sich ja herumgesprochen, dass der neue Maßstab der Glückseligkeit das Geld geworden war. Frau Wirtin schickte Feuerteufel, da blieben fast nur Aschehäufel. Den Biesnitzern gefiel das nicht. Frau Wirtin musste vor Gericht. Der „Burghof“ stand verkohlt und leer. Es kamen keine Gäste mehr.

Nun wird dort gewerkelt. Mauern fallen. Der alte Saal ist abgetragen. Aber das Haus wird nicht “rückgebaut” oder “vom Markt genommen”, wie marktwirtschaftliche Witzbolde den Abriss heute umschreiben. Entstehen soll eine Pension mit 18 Betten für Feriengäste, im Gartenbereich auch ein Café. Tanz soll es nicht mehr geben, aber man soll ja nie “Nie” sagen. Legenden sind nicht so leicht totzukriegen.
Und der “Burghof” bleibt eine Legende wie die Muschelminna und der Nachtschmied und das Landskronbier.

Dr. Ernst Kretzschmar

copyright: Burghof Texte und Bildmaterial Stadtbildverlag Görlitz

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